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Frieden und Freiheit in unfriedlichen Zeiten verteidigen Grüne Politikerin im Gespräch mit protestierenden Landwirten

 

Die Tuttlinger Grünen hatten am Mittwoch die Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger und Odilo Metzler von Pax Christi zu Gast. Im Mittelpunkt standen dabei Frieden und Freiheit und wie sie sich in solch unfriedlichen Zeiten verteidigen lassen. Die Veranstaltung war im Aesculapium geplant, aber weil die Firma am Vortag wegen angekündigter Bauernproteste einen Rückzieher machte, musste man kurzfristig ins Gemeindezentrum St. Josef umziehen.

 

Dort warteten dann lautstark protestierende Landwirte mit laufenden Traktoren auf die Gäste. „Ich glaube, wir sind gar nicht so weit auseinander“, betonte die Außen- und Verteidigungsexpertin im Gespräch mit einzelnen Landwirten, die den Förderdschungel und immer neue Regelungen kritisierten. Dann allerdings der Einladung, an der Veranstaltung teilzunehmen, nicht folgten und stattdessen mit Hupen und Sirenen ihren Protest hören ließen.

 

Wie lassen sich Frieden, Freiheit und Demokratie in diesen Zeiten verteidigen? Agnieszka Brugger, Jens Metzger und Odilo Metzler im Gespräch. Foto: Moni Marcel

 

„Wir haben alles getan, um die Veranstaltung möglich zu machen“, so Jens Metzger von den Tuttlinger Grünen. Immerhin: Als Entschuldigung für die kurzfristige Absage gab es von Aesculap Snacks und Getränke. Und mit Blick auf die Organisatoren der Demo draußen: „Es ist auch mal schön, wenn die CDU die Demonstrationen für sich entdeckt.“

 

Kritik an der aktuellen Verteidigungspolitik kam von Odilo Metzler, der für die Kriege in der Ukraine und dem Gazastreifen sofortige Friedensverhandlungen forderte. „Sicherheit gibt es nur gemeinsam. Nicht durch Aufrüstung.“ Er verwies darauf, dass das Militär für eine so hohe Klimabelastung sorge wie der gesamte Flugverkehr. Für ihn ist die Versöhnung der „Erbfeinde“ Frankreich und Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg das Vorbild dafür, wie der viel jüngere Konflikt zwischen Israel und Palästinensern gelöst werden kann.

 

Brugger hingegen machte klar, dass die deutsch-französische Freundschaft nur möglich war, weil die Nazis besiegt waren. Berechtigte Zweifel an Putin als Verhandlungspartner zeigte auch die Vorgeschichte: Der Westen habe vor dem Einmarsch der Russen in Moskau klargestellt, dass die Ukraine kein Anwärter für eine Nato-Mitgliedschaft sei und weitere Abrüstungsverhandlungen angeregt. Putin hingegen habe seine Kriegsvorbereitungen weiter als Militärübung bezeichnet und damit klar gelogen. Vermittlungsversuche beispielsweise aus Brasilien oder Südafrika seien an Russlands unbedingtem Willen, die Ukraine zu erobern, gescheitert. „Putin hat die imperialistische Vorstellung, dass die Ukraine nicht als souveräner Staat existieren darf.“ Dass der Einmarsch und die Gräueltaten in Butscha und Irpin schließlich Friedensverhandlungen erst einmal unmöglich machten, darin waren sich Brugger und Metzler einig

 

Brugger zeigte komplexe Zusammenhänge auf: Indien kauft Waffen in Russland, weil Deutschland den Waffenexport streng geregelt hat, der Klimawandel sorgt für weitere Konflikte, und dies sei nur global zu schaffen, „das lösen wir nicht allein in Tuttlingen.“ Sie stellte klar, dass die Autokraten in der Welt sehr genau hinschauten, wie die demokratischen Gesellschaften mit der russischen Aggression umgehen und daraus ihre Schlüsse ziehen. Auf ihren früheren Einsatz gegen die Stationierung von amerikanischen Atomwaffen angesprochen, machte Brugger klar, dass die Bedrohung durch Russland manches Umdenken erfordere. „Es zeigt, wie gefährlich das ist. Selbst China wurde es zu viel. Aber diese Waffen dürfen niemals genutzt werden! Unser Ziel bleibt eine atomwaffenfreie Welt.“

 

Dabei habe sich Putin arg verrechnet, denn sein Ziel, das auch die Hamas verfolge, nämlich die westlichen Demokratien zu schwächen, sei ins Gegenteil gedreht: „Die EU ist so einig und handlungsfähig wie nie, Finnland und Schweden sind in der Nato, dabei wollten sie das nie!“ Und die Ukraine habe jetzt die Perspektive, in die EU aufgenommen zu werden.

 

Auch das „Horroszenario“ einer Wiederwahl Trumps kam zur Sprache, und schließlich kamen die Landwirte doch noch in den Saal, nicht ohne sich vorher ausgiebig mit Getränken und Essen eingedeckt zu haben. Jens Metzger wies sie auf den 5. Februar hin, dann kommt der grüne Fraktionsvorsitzende Andreas Schwarz nach Tuttlingen, Gespräche mit Vertretern von Handwerk und Landwirtschaft sind geplant. Das wollten die anwesenden Bauern aber offenbar nicht, sie verließen den Saal Türen schlagend, um weiter mit Hupen, Tröten und Trillerpfeifen zu protestieren.

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